Fragen aus dem Publikum - teil 4

Nachdem ich in Teil 1 dieser Serie Typische Fragen an Autoren beantwortet habe:
- Wie bist du zum Schreiben gekommen?
- Wie hast du einen Verlag gefunden?
Und in Teil 2 Fragen aus dem Publikum:
- Wie viel von dir steckt in der Nicolae-Saga?
- Mit welcher deiner Romanfiguren kannst du dich am meisten identifizieren?
- Und hast du einen Lieblingscharakter?
Sowie in Teil 3 Fragen aus dem Publikum zur Handlungszeit und den Handlungsorten:
- Warum das 19. Jahrhundert?
- Warum England?
- Warum Rumänien?
Geht es in Teil 4 um meine diesbezügliche Recherche.
Recherche zum 19. Jahrhundert
Wie viel Recherche bedarf ein historischer Roman?
Wie bereits erwähnt, hatte ich schon in jungen Jahren ein großes Interesse an dieser Epoche und von daher eine Menge Rüstzeug im Gepäck. Doch sobald es konkret wird, gilt es intensiver hinzuschauen. Bevor ich die erste Zeile hingeschrieben habe, war ich für ein halbes Jahr in Recherchearbeit versunken. Diese Tätigkeit hörte nie auf. Während des gesamten Schreibprozesses an der Nicolae-Saga (2005 bis 2019) habe ich parallel Romanrecherche betrieben.
Fortan gehörten Chroniken, Fachzeitschriften, historische Abhandlungen und Literaten des 19. Jahrhunderts zu meinen täglichen Begleitern. Auch Museumsbesuche und Kunstausstellungen rundeten meine Recherche zur Handlungszeit ab.
Sehr gefreut habe ich mich, dass es zu dem Zeitpunkt eine Museumsausstellung zur Geschichte des Kinderspielzeugs gab. Das passte insofern perfekt, weil mein Titelheld zu Beginn der Saga erst 5 Jahre alt ist.
Mehr zum Thema "Spiele im 19. Jahrhundert" habe ich in meiner Schatzkiste zusammengetragen.
Sachbücher wie zum Beispiel "Lichtblicke - Zur Geschichte der künstlichen Helligkeit im 19. Jahrhundert" hielten bei mir Einzug. Oder Abhandlungen zu den Themen: Kindheit und Pädagogik im 19. Jahrhundert, Seuchen und Krankheiten, Hygiene und Kanalisation, technische Entwicklung der Schifffahrt, Bau der Londoner Untergrundbahn und so weiter.
Das alles floss zwar nur zum Teil in die Nicolae-Saga ein, war aber als Hintergrundwissen für mich wichtig, um ein Gespür für die enorme Fortschrittsentwicklung jener Zeit zu bekommen.
Gesellschaftliche Umwälzungen, Landflucht, Massenverelendung, Arbeiteraufstände, Kinderkriminalität - mit all dem musste ich mich im Vorlauf befassen, um zu begreifen, auf was die Zeiger der Zeit damals standen, und mich so in meine Romanfiguren hineindenken zu können.
Auf der anderen Seite trug die florierende Wirtschaftslage Englands in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts - dank weitreichender Kolonialisierung und Freihandelsgesetze - zu Höhenflügen bei, während auf dem Kontinent Kriege tobten und so die wirtschaftliche Stabilität der anderen europäischen Großmächte ins Wanken geriet.
Die wirtschaftliche und politische Lage Englands wird in Band 1 durch Peter Cornelly, einen aufstrebenden Londoner Geschäftsmann (und Vater des kleinen Nicolae) verkörpert, sowie durch dessen weitreisenden Kompagnon Robert Emerson, der die kontinentale Sichtweise vermittelt.
An Seuchenbekämpfung und den Fortschritten in der Medizin ist Nicolaes Tante Judith äußerst interessiert, die für einen Londoner Armenarzt arbeitet und während einer Cholera-Epidemie die schlimmen Lebensverhältnisse in den Arbeiterquartieren hautnah miterlebt.
Unterdessen beschäftigt sich Nicolaes Mutter Rebecca mit der Botanik und deren Heilpflanzen im heimischen Cottage-Garten und widmet sich in ihrer Freizeit der Malerei.
Die Kunstszene inklusive Musik, Literatur und Theater nimmt mit den Folgebänden einen immer größeren Raum ein, denn Nicolae wird sich später als Student und Erwachsener in entsprechenden Kreisen bewegen. Dort spielen auch so illustre Persönlichkeiten wie Oscar Wilde oder Bram Stoker eine nicht unerhebliche Rolle.
In all diese unterschiedlichen Bereiche habe ich mich hineingearbeitet. Oft standen mir Biografien zur Seite, die sich als besonders wertvoll erwiesen, allein schon wegen der Querverweise auf andere Begebenheiten und Persönlichkeiten.
Ich fand es faszinierend, was zeitlich alles zusammengehört. Leider werden uns immer nur historische Teilbereiche vermittelt, doch nie zu einem ganzen Bild zusammengefügt. Aber genau das macht eine Zeitepoche erst aus.
Auch die Literaten des 19. Jahrhunderts hatten mir viel zu erzählen. Vor allem was die sprachliche Ausdrucksweise anbelangt und die hohe Wertschätzung von Tugenden. In ihren Werken steckt viel von der Denk- und Fühlweise ihrer Zeitgenossen.
Welchen Philosophien und Ideologien hingen sie an, da die Macht der Kirche immer weiter schwand? Und wie nahm diese den Kampf um Einfluss auf ihre Schäfchen auf - in Zeiten, in denen die Evolutionstheorie Darwins für Aufruhr sorgte?
Nicht von ungefähr entstanden gerade im modernen England, in dem alte Glaubenssätze von immer neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen in den Wind geschlagen wurden, viele reformierte Kirchen wie Methodisten, Baptisten, Calvinisten sowie Sekten bis hin zu okkulten Vereinigungen.
Kein Wunder, dass Eiferer und Scharlatane Hochkonjunktur hatten, da die jahrhundertealten Werte der Menschen und ihre bisherige Lebensweise in Frage gestellt wurden. Was macht das mit den Menschen? Ein aktuelles Thema.
Die meisten Bücher, die mir als Quelle dienten, habe ich antiquarisch erworben. Sie ermöglichten mir, tief in diese Epoche einzutauchen, um sie so authentisch wie möglich wiedergeben zu können. Verwertet habe ich jedoch allerhöchstens 20% des recherchierten Materials.
Denn im Vordergrund der Familiengeschichte stehen meine Romanfiguren mit ihren unterschiedlichen Charakteren, Interessen und Sichtweisen auf die Welt, vor allem deren Beziehungen und Konflikte untereinander.
Recherche Viktorianisches England
Welche Dinge sind wirklich wichtig, um eine authentische Geschichte zu schreiben?
Das 19. Jahrhundert ist für mich unweigerlich an England gekoppelt. Um genau zu sein, gilt und galt mein Interesse vorwiegend der viktorianischen Epoche; Königin Victoria von England regierte von 1837 bis 1901.
Die Nicolae-Saga beginnt 1866 - bzw. mit der Vorgeschichte Rebecca 1860 - und zieht sich in Band 6 bis kurz nach den Ersten Weltkrieg, das formale Ende des 19. Jahrhunderts. Erst im letzten Band geht es in großen Sprüngen bis in die Gegenwart.
England war damals das fortschrittlichste Land der Welt und damit quasi die Keimzelle unserer modernen westlichen Kultur. Handlungszeit und -ort lassen sich darum in dieser Hinsicht kaum voneinander trennen. Aber das allein war nicht der Grund für die Wahl Englands als erste Heimat meines Titelhelden. Wie bereits mehrfach erwähnt, fühle ich mich seit Jugendtagen mit diesem Land eng verbunden, habe es als junge Frau oft bereist und wollte ursprünglich hauptsächlich dort mein Leben verbringen.
Insofern habe ich seit frühester Jugend alles aufgesaugt, was auch nur im Entferntesten mit dem viktorianischen England zu tun hatte. Die britischen Schriftsteller jener Zeit haben einen erheblichen Teil zu meinem Bild vom viktorianischen England beigetragen, ebenso TV-Serien und Filme, sofern sie gut, d.h. auf authentische Details achtend, gemacht waren. (Siehe auch Fragen aus dem Publikum - Teil 3)
Was zum Beispiel die damalige Mode anbelangt, findet man einiges an Information. Doch schon bei der Unterwäsche wird es erheblich schwieriger. Vor allem die Frage, wie es es um die körperliche Hygiene bestellt war. Wasserklosetts kamen erst zum Ende des 19. Jahrhunderts auf und zunächst auch nur in wohlhabenden Häusern.
Was tat also eine viktorianische Frau, wenn sie ihre Monatsblutung bekam? Mit welchen Seifen wusch man sich? Deos gab es in der uns bekannten Form noch nicht, wohl aber Achselpuder. Woraus bestand es? Wie duftete es? Und wie viel Zeit beanspruchte allein die Vorbereitung für das wöchentliche Bad, dort, wo es noch kein fließend warmes Wasser gab?
Das waren die kniffligen Fragen, die es zu lösen galt.
Nur winzige Details geben hier und da darüber Auskunft, manchmal in Romanen oder Biografien. Dank der Impressionisten auch auf Gemälden. Sie haben erstmalig Alltagsszenen malerisch festgehalten, was als absolut unschicklich galt. War das Publikum doch bisher nur religiöse, mythologische und historische Themen gewöhnt, oder arglose Landschaftsgemälde. Aber eine Pariserin bei der Morgentoilette? Und so wurden ihre eingereichten Gemälde für die Ausstellung im Salon de Paris auch prompt abgelehnt. (Siehe: Kunst in der Nicolae-Saga Teil 1 )
Eine große Frage entstand auch bezüglich der Wärme im Haus. Wie wurde geheizt? In Londoner Häusern mit Kohle, in den einfachen Hütten auf dem Lande mit Torf. Kaminfeuer mit Holz waren den Wohlhabenden vorbehalten. Wie teuer war das alles? Wie viel von dem jeweiligen Brennmaterial reichte für eine Woche?
Dann die Fragen zur Fortbewegung: Wer es sich leisten konnte, Pferd und Wagen zu unterhalten, war bei weiten Entfernungen nicht unbedingt schneller am Ziel. Denn die Pferde mussten sich zwischendurch ausruhen. Wie lange?
Postkutschen hingegen konnten an jeder Poststation die Pferde gegen frische austauschen, sodass man mit diesem öffentlichen Verkehrsmittel durchaus schneller war. Wie viel kostete dieses Beförderungsmittel?
Oder wie lange dauerte es, eine bestimmte Strecke auf dem Pferderücken zurückzulegen?
Welche Eisenbahnstrecken waren zum Handlungszeitpunkt bereits erschlossen? Wie lange war man damit unterwegs? Und wie viel kostete eine Fahrkarte?
Zwangsläufig musste ich mich mit all dem befassen. So erfuhr ich ganz nebenbei, dass einige uns heute geläufige Straßennamen damals noch ganz anders hießen.
Die im East End befindliche Petticoat Lane zum Beispiel durfte nicht länger nach einem weiblichen Unterrock benannt sein und wurde kurzerhand in Middlesex Street umbenannt, wie sie in früheren Zeiten schon mal geheißen hatte. Na, ob das so viel besser war? Immerhin fand ich diesen Funfact - wie es auf neudeutsch heißt - witzig genug, um ihn in der Nicolae-Saga zu erwähnen.
Ebenso, dass während eines Konzerts die wohlgeformten Beine eines Flügels mit einem Tuch verkleidet wurden, damit das Publikum keinen sittlichen Anstoß daran nahm. Ob dies wirklich so war oder nur zu einer der vielen Anekdoten in Bezug auf das angeblich so prüde England gehörte, sei dahingestellt. Ich fand, es gibt dem damaligen Zeitgeist eine gewisse Würze.
Was mich an der einstigen Sittsamkeit des Landes allerdings zweifeln lässt, sind die vielen Bordelle und Opiumhöhlen, die selbst in Romanen jener Zeit Erwähnung finden. Wir wissen, dass nicht nur Sherlock Holmes dem Rauschgift frönte und die Bordelle auch von Gentlemen der besseren Kreise eifrig besucht wurden, was so manchen - schon damals - royalen Skandal hervorrief. Wurde das Königshaus doch sogar mit dem berüchtigten Jack the Ripper in Verbindung gebracht!
Die Gerüchteküche brodelt halt zu jeder Zeit und die Medien waren schon immer heiß auf Skandale und Skandälchen.
Unterm Strich war die Recherche zwar so manches Mal mühselig, weil es oft um Details ging, auf die ich keine schnelle Antwort finden konnte, dafür aber sehr facettenreich und bunt - und häufig eben auch amüsant.
Recherche Rumänien
Wie fängt man mit der Recherche zu einem völlig unbekannten Land an?
Für mich war das Karpatenland - wie wahrscheinlich für die meisten von Ihnen - ein weißer Fleck auf der Landkarte.
Was wusste ich über Rumänien? Dass es in Südosteuropa liegt, einen schlimmen kommunistischen Diktator und großartige Turnerinnen hervorgebracht hatte und von tiefen dunklen Wäldern durchzogen ist, in denen Wölfe heulen und angeblich ein untoter Graf aus der Feder eines schottischen Schriftstellers herumspukt. C'est ca. Eingangs glaubte ich sogar, man spreche dort so eine Art Russisch und die Rumänen wären ein slawisches Volk. Welch absoluter Fauxpas!
Wie beginnen, wenn man so gar nichts über ein Land weiß? Ich kaufte mir zunächst einmal mehrere gut bewertete Reiseführer. In denen bekommt man zumindest ein gewisses Basiswissen zur Geografie, Politik, Gesellschaft, Geschichte und mit Glück sogar zu Kunst, Literatur und Musik. Sämtliche touristische Attraktionen sind mehrheitlich an die Geschichte eines Landes gekoppelt, von daher erfuhr ich bei der Gelegenheit eine Menge über die Historie des Landes.
Auch jeden TV-Beitrag zu dem Land habe ich mir angeschaut, denn das bäuerliche Leben auf dem Lande hatte sich in all den Jahrzehnten nur unmerklich geändert - jedenfalls bis zum EU-Beitritt 2007, aber das ist ein Thema für sich.
Und natürlich habe ich das Land mehrfach in allen Richtungen bereist. Ein Blogbeitrag hierzu ist bereits in Vorbereitung.
Die unglaublichste Entdeckung war für mich, dass die Sprache zu 80% eine Art gesprochenes Latein mit slawischem Einflüssen ist; auch ungarische, türkische und deutsche Lehnwörter sind aufgrund der historischen Machtverhältnisse hängengeblieben. Insofern kamen mir meine rudimentären Italienisch- und Russischkenntnisse entgegen; in beiden Sprachen hatte ich mich nach der Schule privat unterrichten lassen.
Ich fand es wichtig, die rumänische Sprache - zumindest in groben Zügen - zu erlernen, um ein Gefühl für diese zu entwickeln. Denn der Klang einer Sprache sagt sehr wohl auch etwas über die Mentalität eines Volkes aus.
Leider konnte ich meine frisch erworbenen Sprachkenntnisse im Land kaum anwenden, weil man mir immer auf Englisch antwortete. Das hat mich jedes Mal total verwirrt, sodass ich es irgendwann aufgegeben habe. Lediglich im Restaurant bestehe ich auf einer Bestellung auf Rumänisch.
Aber zurück zur Historie. Wo in der komplexen und für mich fremden Geschichte sollte ich einhaken?
1867 ließ ich Nicolae mit seiner Mutter das erste Mal nach Rumänien reisen. Das Jahr war also mein Dreh- und Angelpunkt. Also recherchierte ich zunächst einmal, was in dem Jahr in Rumänien Stand der Dinge war:
Huch! Da saß ja ein Deutscher aus dem Hause Hohenzollern auf dem rumänischen Thron. Wie ist das denn passiert? Vor allem warum?
Diesem ungewöhnlichen Umstand verdanke ich viel. Denn auch die damalige rumänische Fürstin (und spätere erste Königin Rumäniens) war eine Deutsche, nämlich eine Prinzessin vom Rhein. Zu meinem großen Glück war sie eine überaus fleißige Schriftstellerin und bemüht, ihr unbekanntes Reich in Europa über Literatur bekannter zu machen. Davon habe ich reichlich profitiert. Von rumänischen Märchen über Romane und Tagebücher ist vieles von ihr und ihrer Zeit unter ihrem Künstlernamen Carmen Sylva überliefert - vor allem in deutscher Sprache!
Dass ich davon erfuhr und darüber hinaus zu diesem reichen Fundus Zugang fand, verdanke ich wiederum der in Rumänien geborenen Literaturwissenschaftlerin Dr. Silvia Irina Zimmermann, die diesen kostbaren Schatz über viele Jahre hinweg systematisch aufarbeitete und publizierte. Schon zuvor hatte sie eine umfangreiche Internetseite über Carmen Sylva eingerichtet. Ich nahm Kontakt zu ihr auf und wir standen über mehrere Jahre im regen Austausch.
Ihre wunderbar zu lesenden literaturwissenschaftlichen Fachbücher habe ich nur so aufgesogen, vor allem die Fußnoten verhalfen mir zu weiterer aussagekräftiger Lektüre. Ich bin Silvia für ihr Schaffen und ihr Lebenswerk äußerst dankbar.
Die für mich wichtigsten Aufzeichnungen von Carmen Sylva waren die ersten Eindrücke, die die Fürstin über ihre neue Heimat schilderte, als sie sich 1869 mit ihrem Karl (Fürst und später König Carol I. von Rumänien) verehelichte. Die Landschaft, in der ich mein fiktives Karpatendorf bereits angesiedelt hatte, wuchs ihr so sehr ans Herz, dass sie eine Sommerresidenz für sich und ihren Mann dort bauen ließ. Das prächtige Schloss Peles in den Südkarpaten ist eines der Hot Spots einer jeden Rumänienreise und überaus sehenswert. (Mehr davon erfahren Sie in meinem Rumänien-Adventskalenderbeitrag Die Königsschlösser Peles und Pelisor.)
Über die Jahre hinweg ist eine ganze Bibliothek mit Fachbüchern zu Rumänien sowie belletristischen Werken in meinem Schreibstübchen entstanden. Darunter etliche Werke von Carmen Sylva, auch Autobiografien von deren Freundin Marie von Bunsen sowie von Königin Maria (der Nachfolgerin Elisabeths).
Rumänische Märchen gehörten zum allerersten Recherchematerial, denn in Märchen, Sagen und Legenden lässt sich viel von der Volksseele erspüren. Das wird vor allem im Vergleich von Märchen aus unterschiedlichen Ländern deutlich. (Siehe Literatur in der Nicolae-Saga Teil 1.)
Danach folgten berühmte rumänische Literaten des 19. Jahrhunderts wie: Ion Creanga, Mihai Eminescu, Vasile Alecsandi, Ioan Slavici und viele mehr. Auch aus den Epochen, die über die Handlungszeit der Nicolae-Saga hinausgehen habe ich Werke von bekannten Autoren gelesen.
Ich freue mich jedes Mal, wenn ein neues Buch herauskommt, das Rumänien zum Thema hat. Die neueren sind natürlich mehrheitlich Emigrationsgeschichten und behandeln die dunklen Jahre des Kommunismus in Rumänien. Hier habe ich strikt darauf geachtet, keine Familiengeschichten von Siebenbürger Sachsen Einzug halten zu lassen, denn diese sind leider meist sehr tendenziös. Eine rühmliche Ausnahme bilden Eginald Schlattners wunderbare Romane.
Das bringt mich auf eine im rumänischen Hermannstadt (Sibiu) gehaltenen Lesung. Dort wurde ich von einer Journalistin gefragt, ob ich zwecks Recherche mit Siebenbürger Sachsen gesprochen und ihre Familiengeschichte gehört hätte - etwas, das sie offensichtlich als sehr wichtig empfand, weil aus erster Hand!
Das aber hatte ich wohlweislich nicht getan. Denn die Nicolae-Saga ist eine rumänische Familiengeschichte, angesiedelt in der Walachei. Die Geschichte der deutschen Kolonialisten ist eine völlig andere und findet nur am Rande Erwähnung.
Mir ging es gerade darum, einmal die rumänische Perspektive aufzuzeigen, denn die sächsische ist uns hinlänglich unterbreitet worden und hat sehr zur Diffamierung des rumänischen Volkes beigetragen, das muss ich leider so sagen.
In der ersten Zeit, als ich auf deutschsprachige Information angewiesen war, bin ich zwangsläufig immer wieder auf die Geschichte der Siebenbürger Sachsen gestoßen. Die Einfärbungen waren dermaßen krass - selbst in Zeitungsartikeln! -, dass für mich früh feststand, dass dieses Material für mich absolut unbrauchbar ist.
In historischen Internetforen, die ich zu Beginn meiner Recherche ebenfalls verfolgte, haben angeblich gebildete Leute verbal aufeinander eingedroschen, dass es mir den Atem verschlug. Dort herrschte regelrecht Krieg. So viel Zündstoff wurde von damals in die heutige Zeit geschleppt - unfassbar!
Aber die politische Einseitigkeit war nicht der alleinige Grund, warum ich keine Familiengeschichten von einst in Rumänien lebenden Menschen brauchte. Sondern die Frage, was ein heutiger Mensch mir von damals überhaupt erzählen kann, da ihm selbst alles nur aus zweiter oder gar dritter Hand überliefert ist.
Zeitzeugen wären natürlich eine riesige Bereicherung gewesen, aber das gestaltet sich etwas schwierig bei einer Handlungszeit, die mehr als 150 Jahre zurückliegt. Obwohl ... es soll ja Untote in Rumänien geben!
Und damit leite ich zum demnächst erscheinenden 4. Teil dieser Serie über, in der es um die oft gestellte Frage geht, ob die Nicolae-Saga ein Vampirroman ist.
In dieser Serie bereits erschienen:
- Typische Fragen an Autoren- Teil 1 (Startschuss und Verlagssuche)
- Fragen aus dem Publikum - Teil 2 (Wie viel von mir in der Nicolae-Saga steckt)
- Fragen aus dem Publikum - Teil 3 (Handlungszeit und -orte)