· 

Typische Fragen an Autoren-Teil 1

Typische Fragen an Autoren

Aurelias Autorenblog: Typische Fragen an Autoren Teil 1: Startschuss und Verlagssuche

Es gibt einige typische Fragen, die Autoren oft gestellt werden – ob auf Lesungen oder im Interview. Zu allererst natürlich:

Wie bist du zum Schreiben gekommen?

Auf der Lesung eines mit Buchpreisen dekorierten Autors habe ich es erlebt, dass dieser diese Frage aus dem Publikum mal ganz locker ignoriert hat; sie hing ihm wohl zum Hals hinaus. Verständlich.

Trotzdem wirkt so etwas arrogant. Ich verstehe durchaus, dass eine Antwort darauf von allgemeinem Interesse ist, zumal sie von Autor zu Autor unterschiedlich ausfällt. Ich jedenfalls finde es spannend zu hören, wie andere Autoren zum Schreiben gefunden haben. Sie nicht auch?

 

Wie das bei mir war?

Ich wünschte, ich könnte über ein Schlüsselerlebnis berichten, das die Initialzündung gegeben hätte. Aber dies ist nicht der Fall gewesen. Auch kann ich nicht behaupten, dass ich immer schon mal einen Roman hätte schreiben wollen: jedenfalls nicht als Erwachsene. Lediglich mit einem Germanistik-Studium hatte ich in jungen Jahren liebäugelt, obwohl auch Anglistik, Romanistik und Literaturwissenschaften in der engeren Wahl waren.

 

Nichts von alledem ist es geworden. Ich habe einen komplett anderen Weg eingeschlagen. Nachdem es mit einer medizinischen Laufbahn nichts geworden war, habe ich eine kaufmännische Ausbildung absolviert. Irgendwovon muss der Mensch ja leben. Aber ein Wunschberuf war das weiß Gott nicht. Weswegen ich mich von diesem mit Familiengründung problemlos verabschieden konnte. 

 

Und dann geschah es. Völlig unerwartet und vor nunmehr 18 Jahren. Mitten beim Aufräumen einer Schreibtischschublade öffnete sich mir ein Portal zu einer verborgenen Welt. Dort entdeckte ich meinen kleinen Titelhelden und seine Familie, und ich war eingeladen, mich in ihrer Welt umzusehen. So fand ich mich quasi von jetzt auf gleich im viktorianischen England wieder und lernte dort meine Romanfamilie kennen. Tag für Tag, Woche für Woche, Monat für Monat.

Seitdem habe ich den Stift nicht mehr aus der Hand gelegt und 7 Bände mit Nicolaes Geschichte gefüllt. Momentan sitze ich an der Übersetzung von Band 1 der Nicolae-Saga ins Englische.

 

Aber natürlich kam das Schreiben nicht von ungefähr.

Ich hatte schon sehr früh die Romanwelt für mich erschlossen. Als meine Altersgenossen noch Hanni und Nanni lasen, hatte ich bereits Dickens und Conan-Doyle für mich entdeckt.

 

Die Literaten des 19. Jahrhunderts hatten es mir von Anfang an angetan. Als Teenager habe ich alles verschlungen, was im viktorianischen England angesiedelt war. Das erklärt vielleicht meine Vorliebe für diese Epoche, in der ich mich einfach zu Hause fühle. So sehr, dass ich mir vorstellen könnte, schon einmal in ihr gelebt zu haben.

 

Im späteren Teenageralter habe ich dann die russischen Literaten am Wickel gehabt, allen voran Dostojewski mit seinen psychologischen Erkundungen der menschlichen Seele, seinen vielschichtigen Charakteren und seiner philosophischen Beleuchtung gesellschaftspolitischer und sozialer Verhältnisse. Auch hier war ich während der Lektüre wieder im 19. Jahrhundert zugange, nur auf der anderen Seite Europas.

 

Das Lesen der Klassiker (später auch französische und andere) hat bestimmt einen Keim in mir angelegt, der erst sehr viel später aufgebrochen ist.  Damit wurde vielleicht das Fundament bereitet. Doch der Weg vom Lesen zum Schreiben ist weit.

 

Zwar war ich dem Schreiben als Schulkind nicht abgeneigt. Während meine Klassenkameraden augenrollend aufstöhnten, wenn es ans Aufsatzschreiben ging, war ich gedanklich bereits mittendrin. Es fiel mir nicht schwer und brachte mir Spaß.

Trotzdem hätte ich es mir damals nicht träumen lassen, dass ich einmal eine 7-bändige Romanreihe zu Papier bringen würde. Ganz kurz gab es zwar mal den Wunsch - als ich etwa 12 Jahre alt war -, Krimis à la Agatha Christie zu schreiben, aber das war nur ein kleiner Spleen. Ich kann mich allerdings daran erinnern, dass ich tatsächlich ein ganzes Schulheft vollgeschrieben hatte. Leider weiß ich nicht mehr, worum es darin ging. Und aufgehoben habe ich es natürlich auch nicht.

 

Später im 10. Schuljahr hatten wir das Thema phantastische Literatur bzw. Phantastik. Nicht zu verwechseln mit Fantasy! Das ist ein modernes Subgenre der Phantastik, das aus dieser hervorgegangen ist.

Ein Beispiel für phantastische Literatur sind die Kurzgeschichten von Roald Dahl. Im Englischunterricht hatten wir sein Buch "Kiss Kiss" durchgenommen. Die Aufgabe bestand darin, anhand von 5 Reizwörtern eine Geschichte im Stile von Roald Dahl zu schreiben. Das war voll meins!

Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie ich über dieser Hausaufgabe mit vor Aufregung brennenden Wangen hing und geradezu einen Schreibkrampf in den Fingern bekam, weil ich nicht ein einziges Mal den Füller absetzen konnte - höchstens zum Nachschlagen einer mir fehlenden Vokabel im Langenscheidt. 

Am nächsten Tag wurde die Hausaufgabe eingesammelt. Als wir sie zurückbekamen, hielt unsere Englischlehrerin die meine zurück und las sie der gesamten Klasse vor.

Ich spüre immer noch die erstaunten Blicke, die mich trafen. Es hatte sich wohl keiner vorstellen können, dass diese Story von mir sein könnte. Es war mir regelrecht peinlich. Naja, das mag am Alter gelegen haben, in dem einem alles peinlich ist. Ein wenig stolz war ich dann aber doch darauf, dass unsere Englischlehrerin mich um mein Einverständnis bat, sie ihrer Oberstufenklasse als gelungenes Beispiel vorzustellen.

 

Das war's dann aber auch schon mit irgendwelchen Schreibversuchen, obwohl ich so viel Freude daran gehabt hatte.

Keine Ahnung, warum mir vorher nie in den Sinn kam, mich im Romanschreiben zu versuchen. Manchmal muss einfach der richtige Zeitpunkt da sein. Und das war damals, 2005, wohl der Fall gewesen. 

Wie hast du einen Verlag gefunden?

Das ist bestimmt die zweithäufig gestellte Frage. Meist zeigen sich sehr überraschte Gesichter auf die Antwort darauf.

Hier erst einmal die Fakten:

 

Viele gehen davon aus, dass sich ein Autor nach Fertigstellung seines Manuskripts  einen Verlag sucht, der sein Werk ordentlich aufpoliert und dann werbewirksam unter die Leser bringt, und dass dabei noch ein stattliches Honorar für diesen abfällt. Pustekuchen!

 

Der Blick hinter die Kulissen ist desillusionierend. Denn die Manuskriptannahme bei einem Verlag ist wie ein 6er im Lotto. Die meisten Verlage arbeiten ohnehin mit Verlagsagenturen zusammen und verbitten sich geradezu unaufgefordert zugesandte Manuskripte. Angeblich ersticken sie in den Bergen von Manuskripten.

Also wie soll ein Autor an einen Verlag kommen, wenn er weder über Vitamin B verfügt noch ein Promi ist?

 

Der Weg über besagte Verlagsagenturen ist ebenso steinig. Diese erwarten zunächst einmal ein Exposé. Das ist keineswegs mal eben geschrieben, dafür gibt es - natürlich kostenpflichtige - Seminare, in denen der Autor lernt, wie er sich und sein Werk am besten anpreist und von der Konkurrenz abhebt - Stichwort: Alleinstellungsmerkmal, Neudeutsch: USP (unique selling point).

 

Es geht also nicht nur darum, die gesamte Handlung in aller Kürze wiederzugeben, innere wie äußere Konflikte aufzuzeigen und die Kernaussage herauszuarbeiten. Gleichzeitig soll der Text neugierig machen, das heißt, bereits beworben sein ohne direkt zu werben. Ganz klar stehen hier Marketing-Aspekte im Vordergrund. Wer also aus diesem Bereich kommt, oder zumindest journalistisch tätig ist, ist hier deutlich im Vorteil.

 

Sorry, aber raffinierte Exposes und marketingwirksame Texte zu verfassen gehören meines Erachtens nicht zum Handwerk eines Romanautors. "Pitchen" (den Buchinhalt auf 1 bis 3 Sätze herunterbrechen) oder das Herausarbeiten des "unique selling point" (Alleinstellungsmerkmal) sind Aufgaben eines Lektorats. Und doch wird so etwas heutzutage wie selbstverständlich von Romanautoren erwartet.

 

Doch selbst wem es gelingt, mit seinem Exposé eine Agentur zu überzeugen, kann sich damit noch lange keines Verlagsvertrags sicher sein. Ob die Agentur es schafft, das Werk des Autors zu vermitteln, steht auf einem anderen Blatt.

 

Es ist also ein langer beschwerlicher Weg, der sich fortsetzt, sobald ein Verlag tatsächlich angebissen haben sollte.

Wer nun glaubt, dass dieser anschließend das komplette Marketing für das Buch übernimmt, irrt gewaltig. Es sind maximal 10% aller Titel, die mit entsprechenden Kampagnen beworben werden. Der Rest läuft unter "ferner liefen", was erklärt, warum 90% aller in Deutschland gelisteten Titel weniger als 100 Verkäufe (insgesamt!) zu verzeichnen haben.

So sieht die Realität aus. Leider.

 

Daher spiegeln Erfolgsstories von Autoren keineswegs die Wirklichkeit wider, sondern bilden die rühmliche Ausnahme. Sonst würde ja auch nicht darüber berichtet.

 

Was also tun? Nachdem ich mich damals eingehend über die Buchbranche informiert hatte, habe ich mich ganz bewusst für einen Book-on-Demand Verlag entschieden. Dort wird ein Buch erst bei Bestellung gedruckt. Somit entfallen die Kosten für eine ganze Auflage, die irgendwo gelagert und unter die Leser gebracht werden muss. 

Ich wollte nicht jahrelang bei Verlagen oder Agenturen anklopfen. Das hätte mir gewiss den Mut genommen, überhaupt zu veröffentlichen. Nachdem ich mich - nach Fertigstellung von Band 4! - endlich dazu entschlossen hatte, wollte ich diese Idee auch in die Tat umsetzen.

 

Darum kam mir das Print-on-Demand Verfahren sehr gelegen. Ich hatte damals, 2010, einen Berliner Verlag mit eigener Druckerei im Haus ausgewählt, der seinen Autoren persönliche Betreuer zur Seite stellte - noch echte Menschen, keine Maschinen oder eine anonyme "Kundenbetreuung". Da dieser Verlag regelmäßig auf der Leipziger Buchmesse vertreten war, konnte ich meine aktuellen Bände am Messestand präsentieren und erhielt mehrfach die Möglichkeit, auf einer der Lesebühnen aus meinem aktuellen Werk zu lesen. Auch auf der BuchBerlin sind wir gemeinsam gewesen.

Das war eine sehr schöne Zeit, in der ich von meinem Verlag wertvolle Unterstützung erhielt.

 

Leider hat sich mein Berliner Verlag 2019 vom Buchmarkt verabschiedet - kurz vor Veröffentlichung meines letzten Bandes. Das war bitter und sehr traurig. Ich hatte mich so sehr auf unser 10-jähriges Jubiläum der Zusammenarbeit und vor allem auf das Finale mit Band 7 der Nicolae-Saga auf der Leipziger Buchmesse 2020 gefreut. Naja, Corona hätte mir ohnehin einen Strich durch die Rechnung gemacht.

Ich vermisse das tolle Team noch heute. Eine solch persönliche Autorenbetreuung, auch wenn man für einzelne Verlagsdienstleitungen natürlich zahlen musste, gibt es heute kaum noch.

 

Mittlerweile veröffentliche ich meine Print-Bücher (Taschenbuch und gebundene Ausgabe) bei Tredition. Die eBooks gibt es bei Tolino (hier auch als Bundle) und bei Amazon.


Die Reihe: "Typische Fragen an Autoren" wird demnächst fortgesetzt.

Haben Sie eine eigene Frage? Stellen Sie sie mir gerne! > Kontakt