Herrenhäuser und Weine der Walachei

Weiter geht es mit dem zweiten Teil unserer Wein- und Herrenhäuser-Tour in der Walachei. Die individuelle Gestaltung gab mir die Möglichkeit, gezielt Handlungsorte der Nicolae-Saga aufzusuchen.
Die pittoreske Bergwelt der Südkarpaten stand mir nun in Wirklichkeit vor Augen. Wann immer wir bisher dort waren, stieg Dunst aus den Niederungen empor und umhüllte die Kulisse mit einem mystischen Schleier. Ganz so wie ich es mir beim Schreiben vorgestellt hatte.
Immer wieder bin ich fasziniert bis fassungslos, wie sehr die vor Ort erlebte Atmosphäre meinen Schilderungen in der Nicolae-Saga entspricht. Denn als ich die Manuskripte zu den ersten vier Bänden der Nicolae-Saga anfertigte, hatte ich noch keinen Fuß nach Rumänien gesetzt. Erst in der Nachrecherche konnte ich das meiner Fantasie Entsprungene mit dem tatsächlich Erlebten abgleichen. Rein gar nichts musste geändert werden.
Jugendstil-Schloss Pelisor
Eigentlich stand Schloss Peles auf Alinas Programm - das Juwel der Südkarpaten. Da wir aber zwei Jahre zuvor das Königsschloss ausgiebig besichtigt hatten - siehe Recherchereisen in Rumänien - Teil 3/2 - wollte ich mir lieber den kleinen Bruder der Königsschlösser anschauen: Schloss Pelisor.
Alina machte einen Freudenhüpfer. Dieses entzückende Jugendstil-Schlösschen habe sie als Kind zuletzt besucht. Sofort griff sie sich ihre Spiegelreflexkamera und war kaum noch zu halten.
Gabriel verzichtete auf den Schlossrundgang und wartete beim Auto.
Tja, da konnte er lange warten! Denn auch ich war vollkommen begeistert von den wunderschönen Räumen Pelisors, das einst Königin Maria (Nachfolgerin von Königin Elisabeth) bewohnt und ausgestattet hatte.
Und das sieht man. Alles trägt ihre Handschrift. Ein warmer heller Holzton kombiniert mit Lindgrün dominiert bereits das Treppenhaus. Man spürt, dass hier gelebt und nicht nur repräsentiert wurde. Das Kinderzimmer ist nordisch in blau-weißen Tönen gehalten. Im Thronsaal entdecke ich Symbole ihrer beiden Heimatländer: einerseits brancoveneske Säulen und Bögen (typisch rumänischer Baustil), andererseits ein Oberlicht als keltisches Kreuz. Denn Königin Maria ist in der englischen Grafschaft Kent geboren und die Enkelin Königin Victorias.
An dieser Stelle könnte ich massenhaft Fotos zeigen, denn sowohl Alina als auch ich konnten uns nicht satt genug sehen an den wunderschönen Jugendstil-Zimmern und mussten alles fotografieren. Doch will ich es bei diesen sechs Fotos belassen und verweise auf meinen Beitrag zum Rumänien-Adventskalender 2022, in dem ich die beiden Königsschlösser Peles und Pelisor genauer vorstelle. Genießen Sie die Bilder dort in voller Größe.
Schloss Cantacuzino
Da wir immer noch in der Region Prahova unterwegs sind und ganz in der Nähe ein weiteres Schloss auf Besucher wartet, sehen wir uns auch dieses an. Schloss Cantacuzino wurde 1911 im neo-rumänischen Stil erbaut. Es ist also ein verhältnismäßig moderner Bau, kombiniert mit traditionell brancovenesken Stilelementen. (Zur Architektur des Fürsten Brancoveanu siehe Recherchereisen in Rumänien - Teil 2 >>Begegnung mit historischen Persönlichkeiten.)
Wie Sie vielleicht schon gemerkt haben, kann ich mich für die Architektur des kunstsinnigen Walachenfürsten Constantin Brancoveanu (17./18. Jh.) sehr begeistern, der den typisch rumänischen Baustil prägte. Auf dieser Tour durchs Kernland Rumäniens begegnet er uns zu meiner Freude noch häufiger; kein Herrenhaus, das nicht an seine Baukunst erinnert.
Doch zurück zum Schloss Cantacuzino. Besonders erwähnenswert - neben den typischen brancovenesken Elementen -
sind die Fenster aus Muranoglas und die einzigartigen Mosaike des Fußbodens. Vom Pridvor (dem säulengestützten Vorbau) überblickt man das großzügige Parkgelände mit seinen Pavillons und hat einen herrlichen Blick auf die Silhouette des Bucegi-Gebirges - vorausgesetzt, es ist nicht wolkenverhangen. Für uns war der mystischen Stimmung wegen mal wieder Dunst bestellt worden.
Wem das Schloss Cantacuzino seltsam bekannt vorkommt, der hat wahrscheinlich die Netflix-Serie "Wednesday" geguckt und erkennt das Internat "Nevermore" wieder. Denn genau hier wurde die Comedy-Horror-Serie gedreht. Gemeint ist Wednesday von der Addams Family. Ein bisschen wie Harry Potter nur mit schwarzem Humor und viel Gothic-Elementen.
Kloster Horezu
Wie soeben erwähnt, folge ich in der Walachei auch auf den Spuren des Fürsten Brancoveanu, weil ich mich an seiner Baukunst gar nicht satt genug sehen kann. Umso größer war die Überraschung und Freude, als Alina uns zum Kloster Horezu führt - DAS Brancoveanu-Kloster schlechthin. Denn hier wollte er seine letzte Ruhe finden.
Das Kloster liegt eingebettet in der idyllischen Landschaft Oltenias (kleine Walachei). Es gilt als die Perle rumänischer Klosterbaukunst. Wenn man auf dem Klostergelände steht, weiß das Auge gar nicht, woran es sich zuerst weiden soll. Loggien, Säulen und Balustraden - alles ist voller Steinmetzkunst mit Motiven, die der Natur abgeschaut sind. Ein harmonisches und ästhetisches Detail reiht sich an das nächste.
Auch wenn man hier nur wenige Schritte geht, hat das Auge viele Meilen abgewandert.
Im Rumänien-Adventskalender 2021 habe ich dieses wundervolle Kloster ausführlich beschrieben und gezeigt. In meinem Beitrag Die Brancoveanu-Klöster Horezu und Sambata des Sus finden Sie eine Fülle an großformatigen Fotos und werden nach dem Anschauen meine Begeisterung sicher teilen können.
Außerdem erfahren Sie, warum die sterblichen Überreste Fürst Brancoveanus nicht in dem marmornen Sarkophag im Vorraum der Klosterkirche liegen.
Ich konnte gar nicht anders, als die tragische Geschichte dieses Fürsten in die Nicolae-Saga mit einzubinden, denn sie erzählt exemplarisch von der Drangsal, unter der das Land jahrhundertelang litt und die bereits Vlad III. von seinem Volk hat abwenden wollen. Beider Biografien bringen die Geschichte Rumäniens in all ihrer Komplexität deutlich zum Ausdruck. Darum sind sie zwangsläufig Bestandteil meiner Rumänien-Saga geworden.
Bärenreservat Zarnesti
Eine weitere Überraschung wartete auf uns bei einem Abstecher nach Transsilvanien: der Besuch des Bärenreservats in Zarnesti. Alina hatte eine Tour für uns gebucht, denn das Reservat ist für die Öffentlichkeit nur selten geöffnet. Zwar mussten wir dafür ziemlich früh aufstehen, aber das hat sich für dieses einmalige Erlebnis absolut gelohnt.
Das am Rande des Nationalparks Piatra Craiului (Königstein) liegende Schutzzentrum für Braunbären ist übrigens das größte in Europa. Aber nicht nur Braunbären, auch aus privater Haltung abgegebene Wölfe leben auf den fast 70 Hektar großen Gelände, das hauptsächlich aus Eichenwald besteht.
Alles fing damit an, dass rumänische Tierschützer Zirkus- und Tanzbären von ihrem elenden Leben in Gefangenschaft befreiten. Die Biografien dieser armen Kreaturen sind zum Heulen. Zu Beginn der Tour gibt es einen Dokumentarfilm, in dem der desolate Zustand der Tiere gezeigt wird, in dem sie 2005 im Reservat aufgenommen wurden. Die Bilder sind nicht leicht zu verkraften. Der Eisenkäfig, aus dem einer der ersten Bewohner des Reservats einst befreit wurde, ist im Eingangsbereich ausgestellt. Er misst gerade mal 1,5 mal 2 Meter.
Mit diesem Bewusstsein begeht man das Reservat mit anderen Augen. Wir sind zur morgendlichen Fütterungsstunde da, damit wir einen Blick auf die Tiere werfen können. Wir sind angehalten, Abstand zu halten, leise zu sein und schnelle Bewegungen zu vermeiden; keine Handytöne, kein Blitzlicht und nichts vor den Augen der Tiere zu essen; also den Tieren mit Respekt zu begegnen.
Manche der Bären zeigen noch eindeutige Verletzungen von ihrer einstigen Gefangenschaft. Anderen sieht man die erlittenen Qualen an ihrem Ausdruck und Verhalten an.
Auch wenn man die Tour mit einem Kloß im Hals beginnt, den Braunbären und Wölfen so nah kommen zu dürfen, ist ein Geschenk, das wir alle zu würdigen wissen. Ebenso wie die großartige Arbeit der rumänischen Tierschützer - das Ehepaar Lapis - und der mit von ihnen gegründeten Tierschutzorganisation.
Das Thema Braunbären ist übrigens gerade wieder hochaktuell. Diesmal geht es allerdings darum, dass sich ihre Population innerhalb kürzester Zeit verdoppelt hat. Geschuldet ist dies dem immer kleiner werdenden Lebensraum (viele Wälder in Rumänien sind in privater Hand und werden des Profits wegen gnadenlos gerodet). Dadurch dringen die Tiere in die Lebensräume der Menschen ein. Sie kommen teilweise bis in die Städte, um in Mülltonnen nach Nahrung zu suchen.
Leider gibt es viele unvernünftige Zeitgenossen, die die ach so putzigen Tiere auch noch füttern.
An der Transfagarasan (Gebirgspass) sind die Bären zu einer wahren Touristenattraktion geworden. Sie kommen bis an die Autos heran und betteln um Futter. Und was tut man nicht alles für ein Foto, das man anschließend auf den sozialen Medien teilen kann? Oder einfach, weil die Bärenmutter mit ihren Kleinen doch so drollig aussieht. Oder man tatsächlich meint, ihnen mit der Fütterung etwas Gutes zu tun.
Das ist schlicht falsch verstandene Tierliebe und total kontraproduktiv. Mittlerweile steht zur Diskussion, die Braunbären zum Abschuss freizugeben, weil die gefährlichen Begegnungen zwischen Mensch und Bär immer weiter zunehmen.
Der Besuch des Reservats sensibilisiert die Menschen für einen artgerechten Umgang mit diesen Tieren des Waldes. Es sind nun einmal Wildtiere und keine niedlichen Teddys.
Insofern kann man dem Verein nur wünschen, dass er so viele Leute wie möglich mit seiner Mission erreicht.
Reisebericht und Beiträge
Längst konnte ich nicht alles aufzählen, was wir auf dieser Tour gesehen und erlebt haben.
Waren es wirklich nur 4 Tage? Gefühlt mindestens das Doppelte.
Die gesamte Tour habe ich in einem bebilderten Reisebericht zusammengefasst.
Zu einzelnen Themen dieser Tour gibt es - wie in den jeweiligen Kapiteln bereits eingefügt - ausführlichere Beiträge, die im Rumänien-Adventskalender erschienen sind. Hier nochmal für Sie zusammengefasst:
Mehr Infos und Fotos rund um Rumänien finden Sie:
- auf meiner Website auf der Seite Handlungsorte
- in meiner Schatzkiste auf der Seite Schauplatz Rumänien
Weitere Themen zu Rumänien finden Sie:
- in meinen Beiträgen zum Rumänien-Adventskalender
Lesen Sie aus dieser Blogserie auch:
> Recherchereisen in Rumänien - Teil 1 (Donau-Kreuzfahrt): Von der Cazanenge bis zum Donaudelta
> Recherchereisen in Rumänien - Teil 2 (Kultur- und Wanderrundreise): "Karpaten, Klöster und Kirchenburgen"
> Recherchereisen in Rumänien - Teil 3/1 (Studienrundreise): "Ausführlich durch das Land der Vielfalt"
> Recherchereisen in Rumänien - Teil 3/2 (Studienrundreise): "Ausführlich durch das Land der Vielfalt"
> Recherchereisen in Rumänien - Teil 4/1 (Manors & Wines): "Herrenhäuser und Weine der Walachei"
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