Herrenhäuser & Weine der Walachei

Reiseanbieter "Authentic Romania"
Nachdem ich Rumänien ausführlich und in allen Richtungen bereist und so einen groben Überblick über die verschiedenen Regionen und ihre Charakteristika gewonnen hatte, wollte ich nun gezielt die Walachei genauer erkunden. Denn diese ist neben England der Haupthandlungsort der Nicolae-Saga mit Abstechern nach Transsilvanien und in die Bucovina.
Auf Facebook war ich seit einiger Zeit einem rumänischen Reiseanbieter gefolgt, der wunderschöne Fotos von interessanten Ecken Rumäniens postete. Daraufhin habe ich mir dessen Programm näher angeschaut.
Das Besondere an Authentic Romania war, dass sie geführte Touren auf Deutsch und Englisch mit verschiedenen Themenschwerpunkten anboten. Die Pakete gab es in unterschiedlichem Umfang - von Tagestouren bis zu mehrtägigen Fahrten. Auch in Kleingruppen. Das kam uns vom Rahmen her sehr entgegen.
Der Name des Reiseanbieters - Authentic Romania - ist Programm. Ihr Slogan lautet: Erlebe das wahre Rumänien! Genau das wollte ich: das echte Rumänien jenseits der üblichen Touristenziele entdecken.
Selbstverständlich gibt es auch Touren zu den Hauptattraktionen des Landes, denn diese werden nun mal am meisten nachgefragt. So etwas wie die Moldauklöster, das Donau-Delta oder das Dracula-Schloss gehen halt immer.
Die perfekte Thementour
Die 4-tägige Tour "Bojarenhäuser und Weine der Walachei" sprang mir sofort ins Auge. Das klang absolut perfekt für uns Weinliebhaber. Von Weingut zu Weingut gefahren zu werden, dort Weine zu verkosten und eine leckere Mahlzeit einzunehmen, dazu in einem schönen Ambiente die Nacht verbringen - herrlich!
Zudem bekäme ich so endlich Einblick in walachische Herrenhäuser, schließlich bewegt sich Nicolae in Adelskreisen.
Bauernhütten hatten wir vor allem auf der ersten Reise reichlich gesehen und waren sogar mehrfach bei Bauern für eine Mahlzeit eingekehrt, um auch typisch rumänische Hausmannskost kennenzulernen.
Da die Reiseagentur Authentic Romania ihren Sitz in der Hauptstadt hat, gab mir dies die Gelegenheit, vorweg ein paar Tage lang in Bukarest zu verweilen. Bisher hatten wir immer nur zu Beginn der Reisen wenige Stunden Zeit gehabt, durch das historische Zentrum zu huschen. Jetzt war ausführliches Entdecken angesagt!
Bukarest hat so viel zu bieten, dass man problemlos eine ganze Woche oder länger dort verbringen könnte. Aber wir hatten es auf fünf Tage beschränkt. Denn obwohl es eine sehr grüne und im Vergleich zu Hamburg völlig entspannte Stadt ist, ist es eben doch eine Stadt. Und Pflastertreten von morgens bis abends ist anstrengend, auch wenn es mehrere Oasen gibt, in denen man sich zwischendurch erholen kann.
Über die Hauptstadt Rumäniens gibt es so viel zu erzählen und zu zeigen, dass ich darüber einen gesonderten Blogbeitrag schreiben werde.
Die Weintour war also für September gebucht. Im August kam die Nachricht, dass es leider nicht genügend Anmeldungen gäbe. ABER sie könnten uns dieses Paket als individuelle Tour anbieten, gespickt mit Besichtigungen, die auf dem Weg liegen, und offen für Wunschziele.
Meine Augen müssen bis sonst wohin gestrahlt haben. Konnte mir etwas Besseres passieren?
Da unsere Reiseleiterin diese Tour selbst gerne gemacht hätte und ganz enttäuscht war, dass sie nicht zustande kommen sollte, ist sie uns vom Preis, der sich logischerweise etwas erhöhte, sehr entgegen gekommen. So waren wir alle glücklich!
Unser Dream-Team
Ein bisschen mulmig war mir dann aber doch: vier Tage lang mit einem Chauffeur und der deutschsprachigen Reiseleiterin so von morgens bis abends auf Tour - würde das nicht mega anstrengend werden? In der Gruppe - auch in einer Kleingruppe - kann man zwischendurch mal unbemerkt abschalten. Würde ich also den ganzen Tag voll konzentriert zuhören müssen, sodass mir am Abend der Schädel platzte? Und was, wenn die Reiseleiterin rein beruflich und somit distanziert höflich auftreten würde und die Atmosphäre dadurch etwas unlocker würde? Dann können vier Tage verdammt lang sein.
Was soll ich sagen? Noch am ersten Abend hatten wir den Eindruck, mit Freunden unterwegs zu sein. Wir hatten nämlich das perfekte Dream-Team. Gabriel, unser Fahrer, konnte zwar weder Deutsch noch Englisch, aber Alina, unsere Reiseleiterin, hat fleißig und mühelos übersetzt.
Schon als sie uns in Bukarest in Empfang nahm, waren alle Bedenken verflogen. Uns entgegen kam eine fröhliche junge Frau, im Alter unserer Tochter, die sofort zwanglos drauflos plapperte. Für anfängliche Befangenheit war gar kein Platz.
Wo sie denn so toll Deutsch sprechen gelernt habe, wollte ich sofort wissen. Ob sie - wie viele Rumänen - eine deutsche Schule besucht hätte.
Iwo, lautete die Antwort. Von "Heidi" aus dem TV habe sie die Sprache erlernt, das habe sie als Kind immer so gerne geguckt und anschließend mit ihren Puppen nachgespielt.
Da kann man mal sehen: Fernsehen bildet also doch und das schon im Kindesalter! So etwas passiert, wenn man nicht alles hübsch synchronisiert serviert bekommt.
Von Weingut zu Weingut
Weingüter der unterschiedlichsten Art haben wir besucht: von alten gediegenen Gutshöfen im Prahovatal über moderne Kellereien in den Vorkarpaten bis zum historischen Rheinweinkeller in Azuga.
Besonders das Weingut Lacerta in der Region Buzau hat es uns angetan. In dieser Weinanbauregion (Höhe Bordeaux) tummeln sich aufgrund der klimatischen Bedingungen Eidechsen, die dem Weingut seinen Namen gaben. Und so ist die Lacerta (Eidechse) als Logo auf jedem Weinetikett und Weinfass zu sehen.
Wir haben an einer Führung dieses hochmodernen Betriebs teilgenommen und natürlich die verschiedenen Weine anschließend verkostet. Gerne hätten wir die Weinflaschen kistenweise mitgenommen - wenn wir nicht mit dem Flugzeug zurückgemusst hätten. ABER: Man kann die Weine von Lacerta auch ganz bequem von zu Hause aus online bestellen.
Übernachtung im Herrenhaus
Eines der schönsten Erlebnisse war die Übernachtung im Conacul Maldar in der kleinen Walachei (Oltenia). Das liebevoll zur Pension umgestaltete Herrenhaus liegt etwas erhöht in einer pittoresken Landschaft, die mich an die Toscana erinnerte. Den schönen Ausblick konnte ich allerdings erst am nächten Morgen entdecken, da wir am Vorabend sehr spät und im Dunkeln angekommen waren.
Trotzdem wurde ich bei unserer Ankunft von einer Pracht geblendet, die mich ehrfurchtsvoll durch die Räumlichkeiten des Herrenhauses schlendern ließ. Hinter einer reich geschnitzten Tür aus Ebenholz (hatte ich nicht genau eine solche in der Nicolae-Saga beschrieben, als Nicolae das erste Mal zu Besuch im Karpatenschloss war?) befand sich unser Zimmer. Auf der Schwelle blieb ich vor Staunen stehen.
Durfte man hier tatsächlich in den seidenbezogenen Lehnstuhl Platz nehmen? Oder die mit Spitzen verzierten Kissen aus Battist mit dem Kopf berühren? Wo waren die Schilder "Do not touch!"?
Edel war das Mobiliar, die Ausstattung vom Feinsten. Und alles urrumänisch. Selbst die brancovenesken Säulen und Arkaden im Treppenhaus fehlten nicht.
Ich hätte stundenlang alles bewundern mögen. Aber wir mussten uns sputen für ein spätes Abendessen.
Aber was für ein Abendessen: Was für herrliche Weine! Welch köstliche Speisen! Welch geschmackvolles Tischgedeck! Auch hier alles nur vom Feinsten. Haute cuisine a la roumaine! Ich wähnte mich im Paradies.
Und genauso habe ich hinterher in den prächtigen Betten auch geschlafen - wie eine Prinzessin.
Konnte ich ahnen, dass das Frühstück das alles noch toppen würde? Dieses bestand aus einem Buffet, das seinesgleichen suchte und mehrere Gänge vorsah. Regionale Produkte und traditionelle Speisen - das versteht sich. Ach, wäre mein Magen doch nur größer gewesen! Es war unmöglich, alles zu probieren.
Und auch hier habe ich wieder das edle Porzellan und die liebevolle Präsentation der köstlichen Gerichte bewundert.
So. Nun hatte ich also auch diese Seite des Lebens in Rumänien kennengelernt und konnte mir lebhaft vorstellen, wie die hohen Herren es sich in damaligen Zeiten haben gut gehen lassen.
Aber nichts gegen die pragmatisch eingerichteten Bauernhütten mit ihren Sommerküchen, den Kessel am Dreibein, in dem die Polenta langsam vor sich hin köchelt, den selbstgebrannten etwas scharfen Pflaumenschnaps (Tuica) und die gesunden Bauernspeisen.
In der Nicolae-Saga kommen sämtliche Bevölkerungsschichten zu Wort - Bauern, Bürger und Bojaren. Mit der Übernachtung im Conacul Maldar hatte ich eine Bestätigung für meine Beschreibung des ungewohnten Luxus, den Nicolae bei seinem ersten Besuch im Karpatenschloss vorfindet, auch wenn dieser reichlich angestaubt war und die Speisen eher vom bäuerlichen Umfeld geprägt waren. Nur im Bukarester Palast ging es später vornehmer und mondäner zu.
Auf den Spuren von Vlad III. Tepes
Leser meiner Nicolae-Saga wissen, dass der mittelalterliche Fürst der Walachei Vlad III. - genannt Tepes, der Pfähler - eine nicht unerhebliche Rolle in der Romanreihe spielt. Auf der Wander- und Kulturrundreise >Recherchereisen in Rumänien - Teil 2< war ich bereits durch sein Geburtshaus in Sighisoara/Schäßburg gehuscht und hatte seine Statue im Herzen der mittelalterlichen Stadt begrüßt.
Mittlerweile hatten wir auch den Alten Fürstenhof in Bukarest mehrfach besichtigt, den Vlad III. dort hat errichten lassen. Er steht zusammen mit seiner Büste mitten in der historischen Altstadt, gleich neben der ältesten Kirche Bukarests, der damaligen Hofkirche. (Mehr darüber in einem separaten Blogbeitrag über Bukarest.)
Klosterinsel Snagov
Da ich auf dieser individuellen Reise Wünsche frei hatte, haben wir unsere Tour mit der Klosterinsel Snagov begonnen. Sie befindet sich nur 40 km nördlich von Bukarest. Die Klosterinsel liegt idyllisch inmitten eines Sees und war früher nur mit dem Boot zu erreichen. Inzwischen ganz bequem, aber weit weniger romantisch, ist sie über eine Brücke erreichbar.
Eine friedliche Stille empfängt uns dort, ein Abtauchen aus der turbulenten Welt. Im Torbogen haben Vögel ihre Nester in einem alten schmiedeeisernen Kronleuchter gebaut. Auf dem Gelände rund um die Klosterkirche ist niemand zu sehen außer ein paar weiße Pfauen und Kaninchen.
Als wir die Kirche betreten, herrscht dort ein tiefer Frieden. Ich spüre eine fast greifbar dichte Atmosphäre. Meine Augen müssen sich erst an das Dämmerlicht gewöhnen. Dann sehe ich sie, die schlichte Grabplatte, die - ungewöhnlich genug - direkt vor dem Altar, statt wie üblich im Vorraum, in den Boden eingelassen ist. Hell schimmert sie in der Dunkelheit, darauf ein Grablicht neben dem aufgestellten Bild mit dem Konterfei von Vlad III. Und frische Blumen.
Als man das Grab von Vlad Tepes Anfang des 20. Jahrhunderts öffnete, sollen Forscher nur Tierknochen gefunden haben. Es ist also fraglich, ob seine sterblichen Überreste (jedenfalls das, was von ihm übrig blieb und noch bestattet werden konnte) dort wirklich ruhen. - Nun, wer die Nicolae-Saga gelesen hat, kennt die Antwort! ;-)
Trotzdem pilgern jedes Jahr viele Gläubige zu seinem Grab und beten für seine Wiederkehr. Hat einer von ihnen die Blumen dort hingelegt? Oder war es der eine Mönch, der als einziger dort lebt?
Dann passiert etwas Eigenartiges. In aller Ruhe fotografiere ich in der Kirche mit meiner Digitalkamera, die besonders in dunklen Räumen hervorragende Fotos macht. Es ist keiner da, den es stören könnte. Oder doch?
Als ich mir die Fotos nämlich später ansehe, entdecke ich, dass sie, je näher ich der Grabplatte gekommen bin, desto unschärfer geworden sind. Ich stehe vor einem Rätsel. So etwas ist nie zuvor passiert - und auch nie mehr danach.
Beim erneuten Besuch der Klosterinsel auf einer späteren Reise - denn natürlich musste ich nochmal dorthin! - betrete ich die Klosterkirche und spüre sofort eine seltsame Leere. Diesmal gibt es keinerlei "Verwehungen" auf den Fotos, als wenn ein Geist hindurchgehuscht wäre. Das ist logisch nicht zu erklären - und dennoch geschehen. Das scharfe Foto in der Galerie stammt daher von unserem zweiten Besuch.
Bauernburg Rasnov
Ein kleiner Abstecher nach Transsilvanien/Siebenbürgen führt uns zur Bauernburg Rasnov/Rosenau. Was sie mit dem Walchenfürsten Vlad III. zu tun hat? - Nichts!
ABER sie ist des Öfteren Schauplatz für Dreharbeiten und eine perfekte Filmkulisse, um das bäuerliche Transsilvanien alter Zeiten darzustellen. Zum Beispiel in einem Dracula-Film, denke ich, während ich dort herumschlendere. Und prompt entdecke ich einen Blumenkasten mit der Aufschrift: Ardeii lui Vlad Tepes (Vlad Tepes' Peperoni). - Fragen Sie nicht!
Von der Festungsanlage, die im 13. Jh. vom Deutschen Ritterorden gegründet und in den 50er Jahren des 20. Jh. vollständig restauriert wurde, hat man einen herrlichen Blick auf das Städtchen Rasnov zu ihren Füßen.
Castel Bran

Auf unserem Weg passieren wir das "Dracula-Schloss" Castel Bran. Da wir es bereits zwei Mal besichtigt haben, halten wir nur für einen Foto-Stopp. Nähere Informationen und mehr Fotos finden Sie daher in meinem Blogbeitrag Recherchereisen in Rumänien - Teil 3/1.
Auch wenn Vlad Tepes höchstwahrscheinlich niemals seinen Fuß in das niedliche Schlösschen gesetzt hat, so hängt dort - dem Touristentrubel zuliebe - seine Ahnentafel und es sind historische Filmkostüme in Vitrinen ausgestellt. Insofern finden sich auch in Castel Bran indirekt Spuren von dem berühmten Walachenfürsten.
Festung Poenari
Auf dem Weg nach Curtea de Arges (Geburtsstadt meiner Romanfigur Elena) kommen wir an der Festungsruine Poenari vorbei. Sie liegt ganz in der Nähe der Transfagarasan - einer alpinen Passstraße, die das Arges-Tal in der großen Walachei mit dem Olt-Tal in Transsilvanien/Siebenbürgen verbindet.
Selbstverständlich müssen wir die Festung erklimmen. Gabriel bleibt weise beim Auto zurück. Er will sich die 1480 Stufen sparen.
Die Festung galt als uneinnehmbar - wenn man oben steht, weiß man warum -, weswegen Vlad III. sich immer wieder dorthin zurückzog. Es war seine "Fluchtburg".
Oben von den Mauerruinen hat man einen fantastischen Blick auf das Arges-Tal und das Fagaras-Gebirge. Auch dort herrscht eine unfassbar friedliche Stimmung zwischen den bis zu 3 Meter dicken und 15 Meter hohen Mauern. (Die Maßangaben haben ich natürlich nachgelesen.)
Immer wieder wabern Nebelschwaden aus den Niederungen empor, umhüllen die Wehrtürme und geben der Szenerie etwas Mystisches - wie extra für mich bestellt.
Wir verweilen lange dort oben und genießen die frühherbstliche Atmosphäre. Bis der Festungshund um unsere Beine schleicht und uns auffordert, die Festung wieder zu verlassen. Er begleitet uns bis nach unten.
Leider ist durch einen Waldbrand und Erdrutsch die Festung derzeit nicht mehr begehbar. Da hatten wir Glück, dass wir zwei Jahre zuvor dort waren. Es wäre uns sonst etwas entgangen.
Noch weitere Highlights warten auf uns, darunter einige Überraschungen. Diese zeige ich Ihnen im nächsten Blogbeitrag "Recherchereisen in Rumänien - Teil 4/2.
Lesen Sie aus dieser Blogserie auch:
> Recherchereisen in Rumänien - Teil 1 (Donau-Kreuzfahrt): Von der Cazanenge bis zum Donaudelta
> Recherchereisen in Rumänien - Teil 2 (Kultur- und Wanderrundreise): "Karpaten, Klöster und Kirchenburgen"
> Recherchereisen in Rumänien - Teil 3/1 (Studienrundreise): "Ausführlich durch das Land der Vielfalt"
> Recherchereisen in Rumänien - Teil 3/2 (Studienrundreise): "Ausführlich durch das Land der Vielfalt"
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