Social Media für Autoren - Lohnt sich das?
An dem Thema Social Media kann ich mich gar nicht genug abarbeiten. Darum haue ich heute mal wieder einen raus. Meinem Seelenwohl zuliebe – und natürlich zu Ihrer Unterhaltung.
Wer in Kunst und Kultur unterwegs ist, ist meist auch auf den Sozialen Medien vertreten und hat sich dort ein Profil eingerichtet. Und so bin auch ich auf Facebook und Instagram zu finden.
Doch jetzt stehe ich – zum wiederholten Male – vor der Frage, ob es sich überhaupt noch lohnt, in diese Medien Zeit und Energie zu investieren. Dabei fing alles mal gar nicht so schlecht an.
Von guten Anfängen
Als ich mir 2012 ein Facebook-Profil einrichtete, konnte man sich noch prima mit Leuten vernetzen, die ähnliche Interessen hatten. Daher befinden sich unter meinen Kontakten hauptsächlich Menschen aus Kunst und Kultur, darunter etliche Autoren und Literaturliebhaber. Ebenso Leute, die zu den Themen England, Rumänien und Natur eine Seite betreiben. Hatten diese einen Beitrag aus ihren Kontakten geliked oder geteilt, wurde er auch mir angezeigt.
Dadurch wurde ich auf andere für mich interessante Seiten oder Künstler aufmerksam. Sogar auf brauchbares Recherchematerial für die Nicolae-Saga bin ich damals gestoßen.
Eine Zeit lang konnte ich so wertvolle Kontakte aufbauen und Fachartikel auf abonnierten Seiten lesen.
Leider ist das alles längst Geschichte. Seit der Umstellung auf Meta im letzten Jahr gab es einen noch empfindlicheren Einschnitt als die Male zuvor. Plötzlich wurden mir nur noch von einer Handvoll Leuten Posts angezeigt, und auch meine Beiträge wurden nur noch von wenigen meiner Kontakte gesehen. Man munkelt, dass gerade mal 10% der Beiträge durchkommen, der Rest ist Werbung. Daraufhin hatten etliche Autoren Facebook den Rücken gekehrt.
Diese extreme Einschränkung der Sichtbarkeit – vor allem wenn man sie beruflich nutzen will – konterkariert Sinn und Zweck von sozialen Medien, wo es doch ursprünglich um Vernetzung und Austausch gehen sollte.
Aber der mächtige „Mr. Algorithmus“ hat allem einen Riegel vorgeschoben. Mittlerweile favorisiert er vorwiegend Beiträge zu aktuellen, gerne auch zu polarisierenden Themen oder zu angesagten Trends.
Immer Ärger mit Mr. Algorithmus
Doch was sich Mr. Algorithmus aktuell wünscht, ist für mich ein Buch mit sieben Siegeln. Zudem er recht launisch ist und gerne mal zwischendurch seine Präferenzen wechselt. Ist gerade allgemein durchgesickert, wie man seine Aufmerksamkeit erreicht, was man tun oder besser: tunlichst unterlassen sollte, ändert er kurzerhand seinen Kurs und ich stehe wieder da wie der sprichwörtliche Ochs vorm Berg. Was gestern noch galt, kann man heute getrost vergessen.
Deshalb gibt es inzwischen Leute, die sich mit nichts anderem befassen, als den aktuellen Algorithmus zu analysieren und auszuwerten. Ihre kostbaren Kenntnisse kann man kaufen, um die Maschine dann mit dem zu füttern, was sie haben will.
Dessen ungeachtet scheint eines jedoch immer zu gehen: Gesichter.
Logisch, oder? Heißt ja nicht umsonst Face-book. Also immer schön die Visage in die Kamera halten.
Wer das nicht mag, darf gerne Hund oder Katze dafür missbrauchen. Das garantiert hundertprozentig das Zucken des Like-Fingers bei den Followern und FB-Freunden. Erstaunlich, wie viele Autoren inzwischen auf den Hund gekommen sind, um diesen für ihre Werbung vor die Kamera zu spannen. Funktioniert super. Aber soll ich mir deswegen Hund oder Katze zulegen?
Wenn ich mich also brav den Wünschen des Algorithmus beuge, habe ich die Chance auf mehr Sichtbarkeit. Die Aussagekraft eines Textes oder die Ästhetik eines Bildes ist dabei völlig irrelevant. Es sei denn, wie gesagt, sie provozieren möglichst viele Reaktionen. Ob positiv oder negativ spielt dabei keine Rolle.
Natürlich könnte ich mehr Reaktionen generieren, indem ich mich mehr in Gruppen tummeln und dort fleißig interagieren würde – denn genau das ist es, was FB will: ständige Präsenz, ständiges Posten und Kommentieren. Ein Fulltime-Job.
Eine Beraterin für Buchmarketing fordert doch tatsächlich, dass man als Autor mindestens 5 (fünf!) Postings und 3 (drei!) Reels PRO WOCHE machen soll, dazu noch etliche Storys. Zusätzlich sollte man sich in mehreren Büchergruppen engagieren, um eine Beziehung zu seiner "Community" aufzubauen.
Dazu muss man aber erst einmal eine finden, die für einen passend ist und in der ein höflicher, respektvoller Umgang gepflegt wird. Tja ... und da wird's verdammt eng.
Aber auch Meta berät mich gerne auf meinem professionellen Profil. Dort erfahre ich gerade, dass ich noch 5 Aufgaben erfüllen muss, um meinen Wochenplan (!) zu erfüllen:
Zuallererst: Erstelle eine Werbeanzeige. - Aha, daher weht der Wind, ihr wollte mein Bestes!
Dann: Poste eine Story. - Wozu? Da sitze ich dann eine halbe Stunde an dem Text, damit er in wenigen Sekunden im Facebook-Universum verglüht. Nachhaltig geht anders, oder?
Schließlich: Poste 2 Beiträge. - Haha, DER war gut! So auf Kommando, oder wie? Und woher nehme ich das Bildmaterial? Meine Smartphone-Kamera begleitet mich zum Glück nicht auf Schritt und Tritt oder filmt mich bei meinen Alltagsaufgaben. Das überlasse ich lieber mediengeilen Promis oder jenen, die sich dafür halten.
Übrigens: Für alle, die sich in der virtuellen Welt gerade so richtig pudelwohl fühlen, empfehle ich dringend den großartig-gruseligen Roman von Dave Eggers: The Circle (SF/Dystopie, aber leider bereits Reality).
Fazit: Nach der Pfeife einer Maschine zu tanzen ist so gar nicht meine Sache. Aus diesem Grunde füttere ich Facebook nur noch nach Lust und Laune und nehme den Dornröschenschlaf meiner Seite in Kauf.
Und wie sieht es auf Instagram aus?
Eine Zeit lang konzentrierte ich mich daher auf Instagram, das ursprünglich für schöne Fotos bekannt war. Aber auch dort hatte Mr. Algorithmus inzwischen gnadenlos zugeschlagen. Schließlich gehört beides zu META - dem Internetkonzern, dem neben Facebook und Instagram auch WhatsApp, Messenger und Threads gehören.
Dort wollte man – ich muss bereits in der Vergangenheitsform schreiben – am liebsten nur noch Videos, sogenannte „Reels“. Das ist ein Schottischer Tanz, meinen Sie? Das dachte ich anfangs auch. Bis ich lernte, dass es sich um 15-30 Sekunden lange Filmchen handelt, in hochkant – smartphone-gerecht, versteht sich. Wer sitzt denn noch old school an einem Rechner oder Laptop so wie ich?
Waren auf Instagram vormals gefühlt 80% Fotos und 20% Videos zu sehen, war es plötzlich genau umgekehrt. Erstaunlich, wie schnell und massenhaft sich die Menschen den Befehlen einer Maschine beugen. Geradezu beängstigend! Was tut man nicht alles für ein bisschen Aufmerksamkeit.
Inzwischen heißt das Zauberwort „Interaktion“. Das scheint am besten mit provokanten und polarisierenden Postings zu funktionieren. Klappt ganz gut bei denen, die ohnehin ganz oben im Ranking stehen und viele Follower haben. Dadurch werden diese dann weiterhin gepuscht, während der Rest unter „Ferner liefen“ verbucht wird.
So und nun kommt’s: Der letzte Streich von Mr. Algorithmus brachte das Fass nun wirklich zum Überlaufen. Es geht um den Hashtag-Filter, der nur noch die beliebtesten 9 Beiträge anzeigt. Das heißt im Klartext – die „unter ferner liefen“, also die kleinen Accounts, sind von der Bildfläche komplett verschwunden. Ab ins Nirwana!
Damit haben sich die so beliebten „Challenges“ so gut wie erledigt. Denn dabei konnte man wunderbar unter einem bestimmten Hashtag in Beiträgen stöbern, schauen, was andere zur gestellten Aufgabe gepostet haben und darüber wieder auf andere aufmerksam werden und sich mit ihnen vernetzen – das A & O der sozialen Medien, eigentlich.
Jetzt müssen sich die Veranstalter von Challenges so einiges einfallen lassen, um alle zum Thema geposteten Beiträge sichtbar zu machen. Der Weg dorthin ist umständlich und findet meist nur noch in der eigenen Blase statt. Das Thema Sichtbarkeit hat sich damit so gut wie erledigt.
Ganz ehrlich? Das lohnt den ganzen Aufwand nicht. So viel Einsatz an Zeit und Energie steht in keinem Verhältnis zum Spaß, den ich daraus ziehe. Schade, wo ich doch endlich eine so tolle Reel-Idee entwickelt hatte:
Hund oder Katze blättert mit gespitzten Ohren und gebanntem Blick die Seiten des zu bewerbenden Buches – also meiner Nicolae-Saga um. Message: Ein Pageturner für wirklich jeden!
Damit wäre Mr. Algorithmus bestimmt mega-zufrieden. Aber woher Hund oder Katze nehmen? Und darf man – ethisch betrachtet – Tiere für Werbung missbrauchen?
Außerdem ist das ja schon längst wieder kalter Kaffee. Reels locken inzwischen keinen Hund mehr hinterm Ofen hervor. Denn es gibt sie ja wie Sand am Meer.
Momentan sind Karussell-Postings angesagt. Also mehrere Seiten hintereinander, durch die man blättern kann.
Und nun? Mr. Algorithmus den Stinkefinger zeigen und die schöne neue Social-Media-Welt verlassen? Oder ihn so richtig vorführen? So manche als „Verarsche“ angelegte Aktion hat schon zum Erfolg geführt. Hm …
Ich lass das mal sacken.
Und? Sind Sie auch genervt von Social Media?
Oder können Sie einen erfreulichen Nutzen daraus ziehen? Falls ja, wie haben Sie das geschafft???
Schreiben Sie mir gerne: Kontakt