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Kostenlose Rezensionsexemplare für Buchblogger?

Kostenlose Rezensionsexemplare für Buchblogger?

Rezensionsexemplare für Blogger? Autoren und ihre Erfahrungen - Bildmotiv: StarGlade Vintage/Pixabay

Eine Autorenkollegin schrieb neulich auf Instagram über ihre Erfahrungen mit Rezensionsexemplaren, die sie – auf und nach Anfrage – kostenlos an Buchblogger verschickt.

 

Eigentlich eine klassische Win-win-Situation, oder?

Der lesebegeisterte Buchblogger bekommt gratis ein für ihn interessantes Buch, je nach Wunsch als Druck- oder eBook-Ausgabe. Und dieser schreibt im Gegenzug eine Rezension, die er auf seine Blogseite oder/und in die sozialen Medien stellt.

Werbung für Buch und Autor. Kostenloser Lesestoff für den Bücherliebhaber.

 

Aber irgendwie scheint da in den letzten Jahren etwas mächtig in Schieflage geraten zu sein. Was die junge Autorin - und neben ihr viele andere - bereits erlebt hat, geht auf keine Kuhhaut.

Von geschäftsschädigung bis Urherberrechtsverletzung

Zum Teil noch eingeschweißte – also gar nicht erst gelesene! – Print-Ausgaben werden von den Buchbloggern zum Verkauf auf eBay angeboten. Oder die eBooks finden sich als Gratisdownload im Internet wieder.

Beide Varianten extrem verkaufsschädigend für den Autor.

 

Bei Letzterem handelt es sich zudem um eine Urheberrechtsverletzung. In jedem Impressum steht, dass.jegliche Verwertung ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig ist. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

 

Manche Buchblogger geben ohne jegliches Schamgefühl oder Unrechtsbewusstsein zu, dass sie die gelesenen (oder ungelesenen) Rezensionsexemplare weiterverkaufen. Schließlich – wohin mit all den Büchern, in die Autoren Jahre ihres Lebens und zudem viel Herzblut gesteckt haben? Außerdem hätten sie sich ja die Mühe gemacht, sie zu lesen und (bestenfalls) sogar zu rezensieren. Daher fühlen sie sich berechtigt, aus einem Buch, das ihnen kostenlos zur Verfügung gestellt wurde,  Kapital zu schlagen.

 

Früher trug übrigens jedes Rezensionsexemplar einen Stempel vom Verlag, der explizit darauf hinwies, dass es sich um ein UNVERKÄUFLICHES Rezensionsexemplar handele. Das hatte seinen guten Grund.

Eine richtig miese Masche

Dass Autoren oftmals ihre Rezensionsexemplare selber teuer bezahlen müssen, sie die Kosten für den Versand tragen und für diese kein Honorar erhalten, scheint einigen Buchbloggern gar nicht in den Sinn zu kommen. Manche glauben allen Ernstes, dass sie Gutes tun, wenn sie die rezensierten Bücher anschließend im Internet verhökern. – Unfassbar!

 

Und ich hatte mich immer gewundert, wieso auf Amazon - trotz Buchpreisbindung - frisch veröffentlichte Bücher von Drittanbietern unter dem Ladenpreis angeboten werden. Jetzt weiß ich, wer sich dahinter verbirgt.

 

Was der jungen Autorin noch alles wiederfahren ist, ist absolut haarsträubend und teilweise zum Heulen.

Zum Beispiel diese miese Masche :

Eine Buchbloggerin moniert, dass das Buch nicht angekommen sei, sodass es ihr ein weiteres Mal zugeschickt wird. Auch dieses Exemplar ist dann angeblich auf dem Postwege verloren gegangen. Und so schickt die arglose Autorin der Buchbloggerin zum dritten Mal ein Rezensionsexemplar.

Eine Rezension erhält sie für ihr Romanwerk zwar nicht. Dafür aber werden ihre drei Rezensionsexemplare im Internet von privat als neuwertig zum Verkauf angeboten.

Für mich grenzt das an Täuschung und Betrug und erfüllt somit einen kriminellen Tatbestand.

 

Das Schlimme daran ist, dass es sich offenbar nicht um Einzelfälle handelt, sondern regelrecht Methode hat.

Ein solches Gebaren schädigt nicht nur Autoren, sondern auch die Buchblogger-Szene selbst. Darunter viele, die ihren Job ganz hervorragend machen und mit viel Sorgfalt die gelesenen Bücher rezensieren und präsentieren.

 

Klar, schwarze Schafe gibt es überall. Aber wenn es der schwarzen Schafe zu viele werden, wirft dies ein mehr als fragwürdiges Licht auf eine Branche.

Wenn die Nachfrage zu Kopfe steigt

Wundern tut mich das alles jedoch nicht. Als ich 2010 mit dem Veröffentlichen der Nicolae-Saga begann, wurde mir von mehreren Seiten geraten, mich an Buchblogger zu wenden. Sie seien eine gute und kostengünstige Werbung und trügen zur gewünschten Sichtbarkeit bei.

 

Also machte ich mir irgendwann die Mühe und hielt nach geeigneten Buchbloggern Ausschau. Buch und Blogger sollen schließlich zueinander passen. Dabei gingen viele Stunden Recherche für eine magere Ausbeute drauf. Denn die Mehrheit an Buchbloggern besteht gefühlt zu 70% aus jüngeren Frauen, die ausschließlich an Fantasy oder Young Adult interessiert sind, sowie 20% älteren Frauen, die Liebesschmonzetten, Krimis und gelegentlich auch mal einen historischen Roman lesen; der Rest ist für harte Thriller oder Erotik zuständig. Männliche Buchblogger findet man höchst selten.

 

Eines jedoch hatten fast alle Buchblogger gemeinsam: Gleich in den ersten Zeilen auf ihrer Blogseite jammerten sie über ihren deckenhohen SuB –dem Stapel ungelesener Bücher. Man möge ihnen bitte ungefragt keine Rezensionsexemplare mehr zuschicken. Ach ja, und selbst verlegte Bücher schon mal gar nicht!

 

Stattdessen erwarteten sie so etwas wie ein formelles Bewerbungsschreiben. Eine Art Buch-Casting, bei dem auch sogenannte Goodies – früher nannte man so etwas „Werbegeschenke“ – in Form von Kugelschreibern, Kaffeetassen, Buchkerzen (was immer das sein mag, ich habe es bis heute nicht herausbekommen) und einiges mehr nicht fehlen durften. Nicht, dass dies explizit irgendwo gestanden hätte, aber es war – oder ist noch? – gängige Praxis, um die Chance auf Annahme des Rezensionsexemplars zu begünstigen. Manchmal gibt es diese auch erst hinterher als „Dankeschön“, damit der Buchblogger dem Autoren für zukünftige Veröffentlichungen gewogen bleibt.

Um aus der Masse hervorzustechen, überschlagen sich einige Autoren an fantasievollen Geschenken. Da werden echte Summen investiert! Ich nenne es im Stillen „Bestechung“.

 

Wenige Jahre später sah ich Buchblogger – überwiegend jüngere Frauen – auf der Leipziger Buchmesse mit Presseausweisen (!) herumstolzieren. Und dachte bei mir: Die Macht, die ihnen Autoren wie Verlage an die Hand gegeben haben, ist ihnen einfach zu Kopfe gestiegen. 

Was für ein Anspruch! Was für eine Vermessenheit! Und welch Arroganz!

 

Ausgenommen seriöse Buchblogger, die wirklich einen professionellen Internetauftritt haben – und vor allem etwas vom Schreiben einer Buchrezension verstehen. Denn nicht einmal das ist eine Selbstverständlichkeit!

Fazit

Nach den schlimmen Erfahrungen meiner Autorenkollegen bin ich froh, die Finger davon gelassen zu haben. Ein einziges Mal hatte ich eine einigermaßen bekannte Buchbloggerin angeschrieben, da sie sich zudem als Autorenratgeberin anpries. Es war ein Testlauf und ich wollte von ihr lediglich wissen, ob mein Anschreiben und die beigefügten Infos den Anforderungen (allein das!) von Buchbloggern genügen würden.

 

Die Antwort zeigte mir deutlich, dass sie sich nicht einmal die Mühe gemacht hatte, das Anschreiben zu lesen. Ein kurzer Blick aufs Cover, das nicht „genre-konform“ sei, habe sie in Verwirrung gestürzt. Auch der Klappentext hätte ihr keinen Aufschluss darüber gegeben, ob das Buch im Stile wie das von XY oder Z geschrieben sei. Einen Vergleich zu bekannten Autoren brauche sie schon zur Orientierung. 

Damit hatte sich das Thema „Buchblogger“ für mich erledigt.

 

Mittlerweile sehen immer mehr Verlage davon ab, kostenfreie Rezensionsexemplare an Buchblogger zu versenden, wenn diese nicht ein Mindestmaß an Qualität aufweisen können. Gut so.

 

Vielleicht sollte man darüber nachdenken, eine Schutzgebühr für Rezensionsexemplare zu verlangen. Denn was nichts kostet, scheint nichts wert zu sein. Ganz schön traurig.


Haben Sie ähnliche Erfahrungen gemacht? Oder erfreulicherweise gute?

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