KI wirft viele Fragen auf
Viel ist dieser Tage die Rede von Künstlicher Intelligenz, konkret von ChatGPT. Einige mir bekannte Autoren und Blogger haben sie schon ausprobiert und sind begeistert.
Daraus ergeben sich folgende Fragen:
- Werden sie jetzt künftig ihre Romane oder Blogartikel von KI schreiben lassen?
- Oder dient ihnen ChatGPT nur als zusätzliches und sehr nützliches Werkzeug?
- Werden Leser erkennen, ob ein Schriftstück wirklich von einem Menschen erschaffen wurde oder von einer Maschine?
- Wird ein großer Teil an Journalisten, Blogger, Romanautoren bald arbeitslos?
- Und etwas böse gefragt: Wird zukünftig noch mehr Wortmüll durch den Äther geschossen, nur weil wir ihn dank einer Maschine noch schneller erzeugen können?
Die wichtigsten Fragen aber lauten:
- Wo liegen die Grenzen – die Grenzen des rechtlich und moralisch Vertretbaren?
- Wer legt sie fest?
- Wer kontrolliert, ob sie eingehalten werden?
- Welche Sanktionen wären denkbar?
- Und lässt sich dieser Geist zurück in die Flasche befehlen?
Fragen über Fragen, für die es eigentlich schon zu spät ist.
Das hätte man einwandfrei klären müssen, bevor man eine solche Maschine auf die nicht immer klug handelnde Menschheit loslässt. Eine Maschine, die gefährlicher ist als alle Klimakatastrophen und Kriege zusammen; eine Maschine, vor der selbst ihre Entwickler längst warnen. Aber zurückpfeifen lässt sie sich nicht mehr.
Wie leicht sie zur Waffe gegen die Menschheit werden kann, wurde in etlichen Planspielen bereits aufgezeigt. Diese Maschine ist intelligent und lernfähig. Sie kann ohne menschliches Zutun, also eigenständig, neue Verknüpfungen herstellen. Sie kann sogar lügen und sich als menschliches Wesen ausgeben, wie in einem Experiment im ARD-Magazin Plusminus kürzlich gezeigt wurde.
Wenn KI also Redeweise, Ausdruck und Stil von wem auch immer täuschend echt kopieren kann, sodass selbst Fachleute nicht auf den ersten Blick erkennen können, ob Original oder Imitat, dann sollte eigentlich jedem klar sein, wo die wirkliche Gefahr dieser Tage lauert.
»Aber ich fürchte, der Mensch gewöhnt sich schnell an das Widernatürliche, wenn es ihm von Nutzen erscheint.
Alsbald sieht er nur noch den Vorteil für sich, nicht den Nachteil für das heilige Ganze.«
(Granny Bridget in Band 1 der Nicolae-Saga.)
Dampfmaschine und Röntgenapparat
Na ja, wird mancher von Ihnen vielleicht denken, alles was neu ist, wird erst einmal argwöhnisch beäugt oder gar verteufelt.
Richtig. Und von anderen neugierig eingesetzt und begeistert gefeiert. Das ist mit jeder revolutionären Entwicklung so.
Auch die Erfindung der Dampfmaschine galt lange als Teufelswerk. In den Anfängen kam es immer wieder zu Explosionen, die viele Opfer forderten. Dennoch haben sich die Menschen ihrer fleißig bedient und damit Anfang des 19. Jahrhunderts das industrielle Zeitalter eingeläutet. Der Bequemlichkeit wegen (neue Mobilität durch die Eisenbahn) und des Wohlstands wegen (industrielle Erzeugnisse in Massenproduktion zu erschwinglichen Preisen). Und vor allem: des Profits wegen!
Die Kehrseite dieser Medaille ist uns allen noch aus dem Geschichtsunterricht bekannt: Menschenausbeutung in Fabriken, Überfüllung der Städte, Verelendung der Massen, Seuchen, Klassenkämpfe usw. Was das noch alles nach sich gezogen hat, sehen wir heute.
Die Klimakatastrophe fing nämlich bereits im modernen England des 19. Jahrhunderts an. Smog war in London ein großes Problem. Die englische Hauptstadt war umgeben von Industrieschloten, Filteranlagen noch keinen Gedanken wert.
In keinem Jahrhundert starben mehr Menschen an Lungenerkrankungen – vornehmlich an Schwindsucht, wie damals die Tuberkulose genannt wurde.
Die Quittung kommt wie immer später.
Die Erfindung des Röntgenapparats war für die Medizin ebenfalls ein Meilenstein, der kräftig bejubelt wurde.
Man war so begeistert über die famose Wirkung der Röntgenstrahlen, dass man sie 1897 den Frauen zur Entfernung ihrer Beinhaare empfahl - auf Werbeplakaten! Bis die Zahl der an Leukämie erkrankten weiblichen Wesen drastisch anstieg.
Ein furchtbarer Preis für ein wenig schnell zu erreichende Schönheit. (Stichwort: Bequemlichkeit.)
Nicht zuletzt resultiert auch der Bau der Atombombe auf der grandiosen Erfindung der Röntgenstrahlen.
Alles hat eben zwei Seiten.
Die Spaßverderber
Unbequeme Mahner und Warner gab es zu allen Zeiten. Sie wurden abgewertet als die ewig Gestrigen, die in der Zeit Stehengeblieben, die alles Neue Ablehnenden – schlicht: die Spaßverderber.
Bevor man jedoch eine neue Erfindung unreflektiert bejubelt oder gedankenlos auf den Markt wirft, sollte man sie von allen Seiten gut betrachtet und vor allem zu Ende gedacht haben. Aber bekanntlich ist der Mensch, wenn es um seine Vorteile geht, auf dem Auge blind. Und sobald Profit mit im Spiel ist, hat der Verstand bereits verloren.
Nein, ich denke nicht, wie einige tatsächlich zu glauben scheinen, dass KI eine simple Modeerscheinung ist, deren Wirbel sich wieder legen wird. Sie ist kein neues technisches Spielzeug, das schon bald uninteressant geworden in der Ecke liegen wird. Sie hat längst Einzug gehalten in vielen Lebensbereichen, in denen sie nicht mehr wegzudenken ist.
Still und unbemerkt? Keineswegs. Nur hat keiner auf die wenigen Mahner und Warner hören wollen.
Die aktuellen Diskussionen, u.a. im Ethikrat, kommen mindestens ein Dreivierteljahr zu spät. KI lebt bereits unter uns und hat ein neues Zeitalter ausgelöst.
Sie wird in vielen Bereichen Gutes bringen wie beim Einsatz in der Medizin oder im Sicherheitsbereich, keine Frage. Aber leider eben auch Schlechtes, sobald KI in die falschen Hände gerät. Denn der Skrupellosen wird die Künstliche Intelligenz leider nicht Herr werden.
Daher: bleiben Sie wachsam!
Nachtrag vom 15.07.2023:
In Hollywood wird aktuell gestreikt. Nicht nur die Drehbuchautoren sehen ihre Jobs durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz gefährdet. Betroffen sind ebenfalls die Schauspieler. Sie fürchten, dass mit bereits gedrehtem Material mithilfe von KI weitere Szenen am Computer erschaffen werden, ohne dass es mehr dazu ihrer Präsenz bedarf. Denn ja: KI kann das!
Nachtrag vom 20.07.2023:
Nun hat auch der US-amerikanische Schrifststellerverband Protest erhoben. In einem Brandbrief wandten sich etliche berühmte Schriststeller wie Margret Atwood oder Jonathan Franzen gegen die kostenlose Verwertung ihrer Werke. Denn ja: denn die KI wird wie selbstverständlich mit allem gefüttert, was bereits veröffentlicht wurde. Nach Urheberrechten wird da nicht mehr gefragt.
Nachtrag vom 22.07.2023:
KI kann übrigens auch Kunst und Musik. Und zwar ziemlich gut. Jedenfalls hat KI-Kunst schon viele Fans.
Vielleicht können Sie sich ausmalen, wohin das führen wird?
Willkommen in unserer entmenschlichten "schönen neuen Welt"!
Lesen Sie zu dem Thema auch: Eine Revolution namens KI vom 22.03.2023.
Teilen Sie mir gerne Ihre Gedanken dazu mit! >> Kontakt